„Vielfalt vor Ort ist gestaltbar“
Erste steirische Konferenz des Zusammenlebens
Der steirische Weg in der Integrationspolitik will durch Partnerschaften die Menschen vor Ort, in den einzelnen Gemeinden, ansprechen und mitnehmen. Die Tagung zum Start brachte viele unterschiedliche Perspektiven, der Erfolg hängt von vielen kleinen Initiativen ab.
Mehr als 200 VertreterInnen aus der Verwaltung, von NGOs, den Gemeinden und der Landespolitik kamen bei der ersten steirischen Konferenz des Zusammenlebens, der jährlichen Tagung des neuen Integrationsressorts, zusammen. „Integration vor Ort - Vielfalt leben in der Gemeinde" war der inhaltliche Rahmen der Konferenz, „bereits in Blick auf die Partnerschaften mit unseren Gemeinden und Regionen, die das Land Steiermark in den kommenden Monaten eingehen wird", betonte Integrationslandesrätin Bettina Vollath. „Wir wollen nachhaltig daran arbeiten, das Zusammenleben zu verbessern. Die handelnden Personen vor Ort werden im Zuge der Partnerschaften Werkzeuge in die Hand bekommen, um mit Konflikten im Alltag umgehen zu können."
Vor der Illusion, dass es jemals Zusammenleben ohne Konflikte geben könne, warnte der Wiener Migrationsexperte und Politikwissenschafter Bernhard Perchinig: „Die Gemeinden haben durch die knappen Budgets in Wahrheit aber eine große Chance: Sie können Probleme gar nicht anders lösen, als sich mit ihren eigenen Serviceleistungen und Angeboten etwa in den Bildungseinrichtungen zu beschäftigen und diese so zu gestalten, dass alle Menschen Zugang haben und Zusammenleben verbessert wird." Die steirische „Charta des Zusammenlebens", die Grundlage der Integrationspolitik der Landesregierung, bezeichnete Perchinig als „ein bemerkenswertes Papier. Einen ähnlichen Weg haben im deutschsprachigen Raum erst wenige eingeschlagen." In der Charta ist festgelegt, dass die Steiermark ihre gesamten Systeme durchleuchtet um Diskriminierungen entgegenzuwirken und Strategien zu entwickeln, um mit der realen Vielfalt in der Gesellschaft umgehen zu können.
Mark Terkessidis, Autor und Migrationsforscher aus Deutschland setzte sich kritisch mit dem Begriff „Migrationshintergrund" auseinander. „Das entscheidende daran ist das Wort Hintergrund. Der Migrationshintergrund an sich erklärt nämlich einmal gar nichts", die viel wichtigeren Faktoren für die Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten von Menschen seien der Bildungshintergrund und die soziale Herkunft, so Terkessidis. Auch die Einteilung in Gruppen bringe nichts, „unsere Institutionen müssen sich auf Individuen einstellen, indem sie fortlaufend deren unterschiedlichen Voraussetzungen und Hintergründe berücksichtigen". Auch die Fokussierung auf das Deutsch-Lernen bei Zugezogenen sieht Terkessidis problematisch, weil der Wert aller anderen Sprachen darunter leide.
Im Rahmen der „Konferenz des Zusammenlebens" diskutierten die Bürgermeister Christoph Stark (Gleisdorf), Mario Abl (Trofaiach), Wolfgang Dolesch (Neudau) und Bürgermeisterin Brigitte Schwarz (Kapfenberg) gemeinsam mit dem Grazer Gemeinderat Thomas Rajakovics und Vulkanland Obmann LAbg. Josef Ober bisherige Erfolge und neue Herausforderungen der Integrationspolitik vor Ort. Viele kleine Projekte und Erfolge bei der Einbindung von Menschen kamen dabei zur Sprache, sowohl im Bereich der Einsatzorganisationen und Vereine wie in Kindergarten, Schule und anderen kommunalen Einrichtungen. „In einer Zeit, wo Sicherheiten verloren gegangen sind, Angst unsere Gesellschaft prägt und sich noch keine neuen Identitäten gebildet haben, ist die aktive Auseinandersetzung mit dem Zusammenleben und der neuen Vielfalt in unseren Gemeinden umso wichtiger", erklärte Josef Ober. Der gemeinsame Weg der Steiermark biete viele Chancen und sei langfristig angelegt, so Ober.