Riesiges Interesse für die zweite „Konferenz des Zusammenlebens“
Thema Bildung und Vielfalt
Integrationslandesrätin Bettina Vollath und Bildungslandesrat Michael Schickhofer luden unter dem Titel „Vielfalt braucht Bildung - Bildung braucht Vielfalt" in die FH Joanneum. Mehr als 350 Interessierte aus dem pädagogischen Bereich nahmen an dem Austausch und Treffen mit internationalen ExpertInnen teil.
Die „Konferenz des Zusammenlebens" wurde heuer vom Integrationsressorts in Kooperation mit dem Bildungsressorts veranstaltet, im Fokus stand die Frage, wie das Bildungssystem mit einer vielfältiger werdenden Gesellschaft umgehen kann. Wie aktuell das Thema ist, bewies die Rekordzahl an TeilnehmerInnen: Mehr als 350 Menschen aus dem gesamten Bildungsbereich der Steiermark tauschten sich auf der Tagung aus.
Zu Beginn der Tagung skizzierte Integrationslandesrätin Bettina Vollath ihren Zugang zum Thema: „Vielfalt ist schon längst Realität in unserer Gesellschaft. Diese Vielfalt wird nicht mehr verschwinden, wir können sie auch nicht wegdiskutieren, wir sollen sie nicht ausblenden und wir brauchen die Vielfalt auch nicht schönzureden. Was wir können, ist mit dieser Vielfalt professionell umgehen und alle Pädagoginnen und Pädagogen dabei unterstützen", so Vollath. Bildungslandesrat Michael Schickhofer sprach sich dagegen aus, Menschen - vor allem Kinder - in Kategorien einzuteilen und bekräftigte sein Ziel, verstärkt Eltern bei den täglichen Herausforderungen zu unterstützen und die Stärken von jedem einzelnen Kind in den Mittelpunkt der Bildungsdebatte zu rücken. Zudem bekannte sich Schickhofer klar zur besseren Fort- und Weiterbildung für die PädagogInnen sowie zur frühen Sprachförderung.
Neben intensiven Arbeitsgruppen zu Themen wie Sprachenvielfalt, Chancengleichheit und der Öffnung von Bildungsangeboten standen zwei renommierte Gäste im Mittelpunkt: Reinhard Kahl, Erziehungswissenschafter und Autor aus Hamburg, und Barbara Herzog-Punzenberger, Migrationsforscherin am Institut für Höhere Studien in Wien.
Kahl hielt mit einem launisch-fesselnden Vortrag unter dem Titel „Jedes Kind ist wie eine Primzahl" ein eindringliches Plädoyer für „eine Schule, in der alle verschieden sein dürfen" und für individualisierten Unterricht. Dass es sich hierbei um keine gänzlich neue Erkenntnis handeln dürfte, unterstrich Kahl mit dem Rückgriff auf ein 500 Jahre altes Zitat des französischen Schriftstellers, Arztes und Priesters Francois Rabelais: „Kinder sind keine Fässer, die gefüllt, sondern Feuer, die entzündet werden wollen". Kahl sieht die Entwicklung zur Individualisierung als logische und notwendige Folge des Übergangs von der Industriegesellschaft zur Wissens-, Bildungs- und Kommunikationsgesellschaft, in der es nicht mehr um Normierung der Menschen gehen könne. Kahl rückte zudem die Themen Vertrauen, Leidenschaft und Zugehörigkeitsgefühl als Voraussetzungen für gute Bildungsinstitutionen in den Mittelpunkt: „Lernerfolge sind nicht durch den Lehrplan zu verordnen, sondern eher Nebeneffekte einer guten Atmosphäre."
Herzog-Punzenberger referierte über „Vielfalt in der Bildung als Ressource und Herausforderung" und machte klar, dass Diskriminierung dabei ein zentrales Problem ist. Dass die Herkunft entscheidender Faktor für Erfolg oder Misserfolg im heimischen Bildungssystem ist, sei hinlänglich bekannt. „Bedeutend wirkmächtiger als Kultur, Sprache und Religion ist aber der sozioökonomische Hintergrund, also die Schicht, aus der wir kommen", betonte Herzog-Punzenberger, die für früheren Kindergarten, Ganztagsschule und spätere Selektion plädiert. „Dies alles wird aber nur dann positive Auswirkungen haben, wenn die Qualität stimmt. Die Qualität hängt erstens mit der Professionalität des Personals zusammen, die durch geeignete Aus- und Weiterbildung sichergestellt werden muss. Zweitens muss auf die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen an den Schulstandorten eingegangen und entsprechend differenziert gefördert werden", so die Forscherin.
Wie diese Erkenntnisse in politische Strategien einfließen können, diskutierten in der abschließenden Podiumsdiskussion Andreas Schnider, der Vorsitzende des Entwicklungsrates für die PädagogInnenbildung NEU, gemeinsam mit Wissenschaftslandesrätin Kristina Edlinger-Ploder, Landesrat Schickhofer, Landesrätin Vollath und Herzog-Punzenberger.
Abschließend zog Vollath ein zufriedenes Resume: „Die Vielfalt der TeilnehmerInnen und die Vielzahl der bereits erprobten Projekte und gemachten Erfahrungen, die wir heute kennenlernen durften, stimmen mich optimistisch für unseren steirischen Weg. Um das Bild von Reinhard Kahl zu verwenden: Ich bin überzeugt, dass wir heute viele Flammen entzünden konnten."