Soziallandesrätin Doris Kampus: „Wir müssen die Steirerinnen und Steirer für Gewaltschutz sensibilisieren!“
Gewalt- und Kinderschutz standen im Fokus des 4. Sozialtags des Landes Steiermark
Graz, 18. September 2019


6,5 Millionen Euro gibt das Sozialressort für Gewaltschutz-Maßnahmen aus, rund ein Sechstel davon fließt in den Kinderschutz. „Die Steiermark ist Vorreiterin im Gewaltschutz. Doch sowohl Gewalt, als auch Opfer- und Täterarbeit geschehen meist im Verborgenen. Darum ist es wichtig, dass wir die Bevölkerung für dieses Thema sensibilisieren", so Soziallandesrätin Doris Kampus. Die gesamte Breite an Unterstützungsmöglichkeiten konnte man beim 4. Sozialtag des Landes Steiermark am 18. September kennenlernen. Genutzt wurde diese Gelegenheit von rund 350 Steirerinnen und Steirern.
„Zwei Frauenhäuser, ein Gewaltschutzzentrum mit sechs Außenstellen und acht Kinderschutzzentren: Die Steiermark ist Vorreiterin in Sachen Gewaltschutz. Nicht zuletzt auch, weil sie österreichweit das einzige Bundesland mit einem Gewaltschutzeinrichtungsgesetz ist, das Frauen einen Rechtsanspruch auf Hilfe in einer Frauenschutzeinrichtung einräumt. Leider ist es aber auch so, dass viele Steirerinnen und Steirer nicht um die breite Palette an Unterstützungsmöglichkeiten in ihrem Bundesland wissen. Darum haben wir die Themen Gewalt- und Kinderschutz in den Fokus des 4. Sozialtags des Landes Steiermark gestellt", so Soziallandesrätin Doris Kampus.
Rund 350 Besucherinnen und Besucher nutzten am Mittwoch, dem 18. September, die Gelegenheit, sich im Landhaus direkt bei den einzelnen, insgesamt zwanzig teilnehmenden Einrichtungen zu informieren. Daneben gab es Expertinnen- und Experten-Vorträge, eine Podiumsdiskussion sowie ein umfangreiches Rahmenprogramm samt künstlerischer Darbietung der Tanzschule „Dance Now". Neben der Information der Bürgerinnen und Bürger diente der Sozialtag zudem der Vernetzung - etwas, dessen Bedeutung auch die Expertin Dr.in Birgitt Haller (Institut für Konfliktforschung, Wien) in ihrem Vortrag hervorhob: „Eine multiinstitutionelle Zusammenarbeit ist - neben adäquaten gesetzlichen Regelungen - wichtig, um familiären Gewalthandlungen nachhaltig entgegentreten zu können", so Haller.
Schwerpunkt: Kinderschutz
Auch der Kinderschutz war im Rahmen des Sozialtags Thema: „Zehn bis 15 Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Österreich sind von schweren Formen von Gewalt betroffen", weiß Mag.a Petra Birchbauer (Rettet das Kind). In ihrem Vortrag appellierte sie an die Fachkräfte, bei Kinderschutzentscheidungen nicht den Willen und die Wünsche der Kinder selbst aus den Augen zu verlieren.
„Gewalt ist immer inakzeptabel - besonders aber, wenn sie gegen Kinder und Jugendliche gerichtet wird. Darum ist es mir ein wichtiges Anliegen, dass diese innerhalb von nur 30 Minuten Fahrzeit die nächste Beratungsstelle erreichen können", so Kampus in diesem Zusammenhang. „Erst im Juni habe ich das Angebot in der Steiermark ausgebaut und ein neues Kinderschutzzentrum in Feldbach eröffnet." Bereits 2017 etabliert wurde zudem eine Clearingstelle im Gewaltschutzzentrum - eine Anlaufstelle für ehemalige Heim- und Pflegekinder, denen Gewalt widerfahren ist.
Doch obwohl die Steiermark bereits eine Pionierinnenrolle in Österreich einnehme - zu tun gebe es laut Kampus noch genug: „In Zukunft möchte ich die Elternberatungszentren, die Eltern-Kind-Zentren und die präventive sowie begleitende Elternarbeit zusätzlich fördern, um so das schützende Netz für unsere Kinder noch enger zu weben", so Kampus.
Statements der Vortragenden:
Albin Dearing (Agentur der Europäischen Union für Grundrechte):
„Die Grundrechteagentur hat kürzlich die Ergebnisse eines Forschungsprojekts zur Realität der Opferrechte in der EU veröffentlicht. Im Bereich der Opferunterstützung (Opferhilfe und Prozessbegleitung) schneidet Österreich da im Vergleich zu anderen Ländern gut ab. Einen Problembereich ortet die Studie allerdings bei der schwachen Akzeptanz, welche die Verfahrensrechte von Opfern gelegentlich in der österreichischen Strafjustiz finden."
Birgitt Haller (Institut für Konfliktforschung, Wien):
„Bei manchen Gewaltformen ist es wahrscheinlicher, Opfer eines (Ex-)Partners, Familienmitglieds oder Freundes zu werden, als diese durch einen Unbekannten zu erleiden. Um solchen Gewalthandlungen entgegentreten zu können, braucht es einerseits adäquate gesetzliche Regelungen, andererseits müssen die Opfer auch bestmöglich - mit dem Ziel des ‚Empowerments‘ - unterstützt werden."
Petra Birchbauer (Rettet das Kind):
„Fachkräfte fokussieren sich in ihrer Arbeit oft zu sehr auf die Bedürfnisse der Erwachsenen und verlieren dabei die Kinder aus den Augen. Es kommt zu einem Spannungsfeld zwischen dem - fachlich eingeschätzten - Kindeswohl und dem ‚Kindeswillen‘. Es gilt, auch Kinder und Jugendliche in Kinderschutzentscheidungen einzubeziehen."