Der steirische Sechspunkteplan
Die Steiermark ist stets bemüht, auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren und passende Maßnahmen zu setzen. Aufgrund einer ungewöhnlichen Häufung von Femiziden in der Steiermark im Jahr 2023 wurde abteilungsübergreifend ein Maßnahmenpaket in Form eines 6-Punkte-Plans geschnürt, um den Schutz von Frauen weiter auszubauen.
1. Einheitliche Hilfenummer bei Beziehungskrisen und -gewalt
Am 2. April, am Dienstag nach Ostern, startete mit 0800 20 44 22 das neue Hilfetelefon bei Beziehungskrisen und Beziehungsgewalt.
Diese Helpline ist für Anrufende kostenlos, anonym und vertraulich. Ziel ist eine rasche Erstinformation der Anrufenden - und bei Bedarf die unverzügliche Weitervermittlung zu einer der zahlreichen steirischen Beratungs- und Betreuungseinrichtungen. Mit dem Hilfetelefon erweitert die Steiermark ihr Gewaltschutzangebot mit einem niederschwelligen Hilfetelefon für Personen, die Opfer von häuslicher Gewalt sind, aber auch für Personen, die sich in einer partnerschaftlichen Krise befinden. Der Ansatz ist hierbei, dass durch professionelle Beratung und Betreuung bestenfalls schon vor Gewalteinwirkung Kontakt aufnehmen, um die bestehende Beziehungskrise zu kalmieren.
Mit dem Telefon ist ebenfalls eine unmittelbare Terminvereinbarung mit der Anruferin oder dem Anrufer verbunden. Dazu melden Beratungseinrichtungen die freien Termine ein.
2. Ausbildung Rechtsbereich
Im Bereich der Justiz wird dem Thema Gewaltschutz in der Ausbildung von RechtspraktikantInnen und RichterInnen noch mehr Stellenwert gegeben. Dies soll MitarbeiterInnen für den direkten Kontakt mit Betroffenen, zum Beispiel im Rahmen von Amtstagen oder Einvernahmen, weiter sensibilisieren. Darüber hinaus sollen auch die MitarbeiterInnen des Sicherheitesdienstes geschult werden.
3. Ausbau von Sensibilisierungskampagnen
Schon bisher wurden in der Steiermark zahlreiche Sensibilisierungskampagnen mit unterschiedlichen Partnern (SPAR Steiermark, Citypark, H&M, Ärztekammer, usw.) durchgeführt. Diese Bemühungen werden mit einer Kino-Kampagne (Start in allen österreichischen Kinos am 24. November) in den anstehenden 16 Tagen gegen Gewalt fortgesetzt. Darüber hinaus ist wieder geplant, dass gemeinsam mit der Ärztekammer eine Informationskampagne bei den Hausärzten durchgeführt wird.
4. Regionale Gewaltambulanz
Gewaltambulanzen stellen ein Angebot für von Gewalt betroffene Menschen jeglichen Alters dar. Die Untersuchungen durch speziell dafür ausgebildete ÄrztInnen aus dem Fachgebiet der Gerichtsmedizin ermöglichen in vielen Fällen die Erhebung gerichtsverwertbarer, objektiver Befunde und die Sicherung von Spuren, die einen wichtigen Beitrag zur Klärung des Geschehens leisten können. In Graz wurde durch Bundesmittel die erste 24/7 Gewaltambulanz ausgebaut. Das Land Steiermark fördert die Gewaltambulanz zusätzlich mit 500.000 €, dies soll Technik, IT, Systementwicklung und Qualifizierung des Personals etc. abdecken, um die Abklärung in den Regionen durch Telemedizin möglich zu machen.
Das telemedizinische System zur forensisch unterstützten Untersuchung von Betroffenen nach Gewalt soll die flächendeckende Untersuchung und gerichtsfeste Dokumentation - in einem ersten Schritt für die Hochsteiermark - ermöglichen. Zielsetzung ist es, dass zukünftig kein Fall von erlittener Gewalt unerkannt oder ungenügend dokumentiert bleibt, nur, weil keine geeigneten Untersuchungsverfahren oder -Kapazitäten zur Verfügung stehen. Durch die telemedizinische Betreuung durch GerichtsmedizinerInnen sind standardisierte Untersuchungsabläufe und damit der Anspruch von Gewaltbetroffenen auf Untersuchungen unter Einhaltung des Facharztstandards gewährleistet.
5. Wissenschaftliche Untersuchung
Bei vielen Femiziden stellt sich in der Nachbetrachtung heraus, dass es im Vorfeld keinen Kontakt zu Beratungsstellen oder zur Polizei gegeben hat, obwohl es in der Steiermark ein dichtes, regionales Angebot in diesem Bereich gibt. Das Land Steiermark wird eine wissenschaftliche Studie beauftragen, die das private Umfeld als möglichen Präventionsfaktor behandeln und Faktoren aufzeigen soll, die es Frauen erleichtern, Gewaltbeziehungen zu verlassen.
6. Neue Übergangswohnungen
Das Land Steiermark wird in den nächsten Wochen und Monaten steiermarkweit 13 neue Übergangswohnungen zur Verfügung stellen. Diese sind ein ergänzendes Angebot zu den Frauenhäusern und den Krisenwohnungen. Dafür werden seitens der Bundesregierung jährlich ca. 420.000 zur Verfügung gestellt. Die notwendigen restlichen Mittel stellt das Land Steiermark zur Verfügung.